Die Süd-Tiroler Freiheit (STF) hat dem Landtag einen Begehrensantrag vorgelegt, dessen erster und entscheidender Punkt folgendermaßen lautet:
Sofortiger Aufnahmestopp für Asylbewerber und Migranten: Um die Sicherheit der Bürger zu gewährleisten und die weitere Zuwanderung potenzieller islamistischer Extremisten zu verhindern, soll ein sofortiger Aufnahmestopp für Asylbewerber und Wirtschaftsflüchtlinge im italienischen Staatsgebiet sowie in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union implementiert werden.
– Begehrensantrag Nr. 34/25
Dieser erste Punkt überschattet alle weiteren Forderungen des Antrags.
Das Land ist für die Umsetzung eines Aufnahmestopps nicht zuständig. Dennoch kann sich der Landtag mittels Begehrensantrag an das römische Parlament und an die italienische Regierung wenden und eine entsprechende Entscheidung anregen. Anders als manche nahelegen möchten, ist es also weder merkwürdig noch unzulässig, dass sich der Landtag mit Themen befasst, die nicht in seinen unmittelbaren Zuständigkeitsbereich fallen.
Hier geht es um etwas ganz anderes: Die STF fordert mit ihrem Antrag ohne große Umschweife allen Ernstes die Außerkraftsetzung eines Menschenrechts. Das darf weder der Landtag noch ein staatliches Parlament oder die EU. Dass ein solcher Vorschlag ausgerechnet von einer Partei kommt, die sich mit ihrem Ruf nach Selbstbestimmung regelmäßig selbst auf die internationale Rechtsordnung beruft, zeigt auch, wie völlig inkohärent sie ist.
Menschenrechte sind kein Katalog, aus dem man sich herauspicken kann, was gerade genehm ist. Entweder sie gelten als Ganzes oder sie tun es nicht. Sollte es jemals zur Praxis werden, Menschenrechte nach Gutdünken außer Kraft setzen zu können, verlören sie ihren Sinn insgesamt.
Was es ferner hieße, das Asylrecht abzuschaffen, bedarf keines ausgeprägten Vorstellungsvermögens. Für Tausende, vermutlich sogar Millionen Menschen hätte das ungebremste Verfolgung und in vielen Fällen den sicheren Tod zur Folge. Wer am meisten darunter leiden würde, wären Personen, die sich Unrecht und Autokraten widersetzen oder auch gesellschaftliche und sprachliche Minderheiten. Wenn sich die EU — wie von der STF gewünscht — aus ihren internationalen Verpflichtungen und aus der Solidarität ausklinkt, warum sollten die meisten anderen, oft deutlich ärmeren Weltregionen, diesem Beispiel nicht folgen?
Genauso salopp übrigens, wie die Partei von Sven Knoll das Grundrecht auf Asyl außer Kraft setzen möchte, könnte anderen einfallen, die Südtirolautonomie abzuschaffen, die auf einem internationalen Vertrag fußt.
Eines weiteren Beweises, dass die STF längst eine rechtsextreme und rassistische Partei geworden ist, hätte es jedenfalls nicht bedurft. Ihre unmenschliche Forderung per se, aber auch die damit einhergehende, völlig undifferenzierte Verschränkung von Asyl mit islamistischem Extremismus und Kriminalität sind nur Bestätigungen für einen inzwischen eindeutigen Befund.
Die STF steht offen für die Abschaffung unserer Grundordnung, zu deren maßgeblichen Prinzipien die Menschenrechte gehören.
Immerhin wurde die Forderung nur von den vier Abgeordneten der einbringenden Partei und von ihrem Bruder im Geiste, Jürgen Wirth Anderlan, gutgeheißen. Die restlichen 25 abstimmenden Mitglieder des Landtags (also gut 83 Prozent) sprachen sich dagegen aus.
Cëla enghe: 01
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Zweimaliger BM-Kandidat von CasaPound