Kostenfalle Handy-Nutzung auf Kreuzfahrtschiff und Fähre
Über das ganze Jahr bieten Reedereien und Reiseanbieter Kreuzfahrten in diversen Regionen der Erde an. Viele Handy-Nutzer möchten auch unterwegs auf ihrer gewohnten Handy-Nummer erreichbar sein und im Internet surfen. Auf den Kreuzfahrtschiffen ist dies möglich - doch meist zu einem horrenden Preis.
Denn viele Nutzer wissen gar nicht, wie ihr Handy auf hoher See auf einmal in ein Mobilfunknetz eingebucht sein kann, nutzen das Handy-Netz an Bord dann aber trotzdem, ohne sich vorher darüber Gedanken gemacht zu haben. Zu Hause kommt mit der nächsten Handy-Rechnung dann oft das böse Erwachen, wenn dort plötzlich Rechnungsposten mit drei- oder gar vierstellige Beträgen auftauchen.
Reedereien betreiben eigene Mobilfunknetze
Den meisten Handy-Nutzern ist unbekannt, dass die Reedereien auf ihren Kreuzfahrtschiffen und Fähren eigene Mobilfunknetze betreiben. Diese Mobilfunknetze sind für gewöhnlich an einen Satelliten-Empfänger auf dem Schiff angebunden. Das Telefon- und Internet-Signal kommt also per Satellit zum Schiff und wird dort in ein reguläres Mobilfunknetz mit eigenen Basisstationen an Bord eingespeist.
Handys, Smartphones und Tablets sind stets so konfiguriert, dass sie verfügbare Netze in der Nähe suchen und sich automatisch in Partnernetze des eigenen Providers, mit denen ein Roaming-Abkommen besteht, einbuchen. Die Betreiber der Schiffsnetze haben in der Regel mit allen deutschen Netzbetreibern Roaming-Abkommen geschlossen, damit die Kunden an Bord ihr Mobiltelefon ohne spezielle Konfiguration sofort nutzen können. Auf dem Display des Mobiltelefons erscheint in der Regel das "R"-Zeichen, damit der Kunde weiß, dass er in einem fremden Netz roamt. Was technisch prinzipiell ein guter Service für Handy-Nutzer ist, kann bei der Abrechnung aber in einer bösen Überraschung enden.
Das Missverständnis mit dem EU-Roaming
Wenn Handy-Nutzer sich an Bord eines Kreuzfahrtschiffes befinden, denken sie oft nur darüber nach, in welchen Gewässern das Schiff gerade unterwegs ist. Denn der preisliche Unterschied zwischen dem von der Europäischen Union regulierten EU-Roaming (Euro-Tarif) und dem Roaming außerhalb der EU ist einem Großteil der Handy-Nutzer mittlerweile bewusst. Viele Handy-Nutzer schalten daher ihr Handy in Regionen außerhalb der EU ab, nutzen lokale WLAN-Netze oder erwerben die SIM-Karte eines Providers im Reiseland.
Schippert das Kreuzfahrtschiff allerdings in europäischen Gewässern, beispielsweise entlang der Mittelmeerküste, denken viele Handy-Nutzer, dass für sie die Preise des regulierten EU-Roamings gelten. Und das ist ein fataler Irrtum. Denn mit der Region, in der das Schiff unterwegs ist, haben die Preise für die Nutzung des Schiffsnetzes gar nichts zu tun.
Die deutschen Netzbetreiber haben mit den Betreibern der Schiffsnetze separate Roaming-Abkommen geschlossen und spezielle Tarife festgelegt. Oft finden sich diese Tarife für die Nutzung von Schiffsnetzen gar nicht auf der regulären Preisliste, sondern in einem separaten PDF-Dokument, auf dem manchmal auch noch die Preise für das Roaming in Flugzeug-Netzen aufgeführt sind (Inflight-Services). Dort tauchen dann die Namen der Schiffsnetze auf, die beispielsweise Telenor Maritime (MCP), Costa Cruises, Ocean Cell oder OnMarine lauten.
An dieser Stelle treten weitere Verständnisprobleme auf. Zum Einen ist der Name der Reederei oft nicht aus der Bezeichnung des Schiffsnetzes ersichtlich und umgekehrt. Der Handy-Nutzer muss sich also bei der Kreuzfahrt-Reederei erkundigen, welches Netz an Bord zum Einsatz kommt. Zum Anderen unterscheiden manche Schiffsnetzbetreiber tariflich auch noch zwischen Kreuzfahrtschiffen und Fähren.
Auch ohne abgehende Telefonate drohen Kosten
Wer also das Schiffsnetz auf einer Fähre oder einem Kreuzfahrtschiff nutzen möchte, sollte unbedingt vor der Reise einen Blick in die Preisliste seines Providers werfen. Dies wird in der Regel eine abschreckende Wirkung haben, denn für das Roaming in Schiffsnetzen verlangen die deutschen Netzbetreiber mitunter Preise von drei bis sieben Euro pro abgehender Gesprächsminute. Bei einer ungünstigen Taktung von 60/60 wird jede angebrochene Gesprächsminute voll berechnet, außerdem fällt zum Teil noch eine einmalige Verbindungsgebühr an. Auch für abgehende SMS kann bis zu ein Euro pro Nachricht verlangt werden. Für Datenverbindungen gilt keine Flatrate, auch das EU-Datenvolumen kann nicht in Schiffsnetzen genutzt werden. Hierfür fallen saftige Preise von 1,60 Euro bis etwa 2,50 Euro pro 100 kB Datenvolumen an.
Wer sein Handy an Bord eingeschaltet lässt, nicht abgehend telefoniert und die mobilen Daten sowie das Daten-Roaming ausschaltet, ist ebenfalls nicht vor einer Kostenfalle geschützt. Denn auch für ankommende Telefonate werden in Schiffsnetzen Kosten berechnet. Diese können je nach Schiffsnetz zwischen 1,70 Euro und 7 Euro pro Minute liegen.
Empfehlung und Alternativen
Sowohl die Telekom als auch o2 haben zumindest bei den horrenden Kosten für mobile Datenverbindungen in den MCP-Schiffsnetzen der Aida Cruises bzw. auf vielen Schiffen mittlerweile die Reißleine gezogen und das Datenroaming in diesen Netzen abgeschaltet. Offenbar hatten sich zu viele Kunden über eine Schockrechnung nach dem Urlaub beschwert. Die Kostenfalle für abgehende und ankommende Telefonate sowie abgehende SMS bleibt allerdings bestehen.
Wer eine Kreuzfahrt unternimmt oder Zeit auf einer Fähre mit eigenem Mobilfunknetz verbringt, dem ist also dringend anzuraten, sich entweder vorher über die Preise zu informieren oder am besten das Handy schon vor Betreten des Schiffes abzuschalten und an Bord ausgeschaltet zu lassen.
Wer an Bord nicht telefonieren, aber surfen möchte, kann im Smartphone auch den Flugmodus aktivieren und anschließend WLAN separat wieder einschalten. Zur Sicherheit kann auch die SIM aus dem Handy entnommen werden, da in manchen Smartphones voreingestellt ist, dass bei einem schwachen WLAN-Signal automatisch die mobile Datenverbindung mitgenutzt wird. Die WLAN-Nutzung an Bord lassen sich die Reedereien in der Regel allerdings auch fürstlich bezahlen. Hier ist es ebenfalls wichtig, vorher die Preise an Bord zu ermitteln.
Dasselbe gilt für die in den Schiffskabinen installierten Telefone. Die Preise für abgehende Telefonate sind dafür nämlich oft ebenso hoch wie beim Roaming im Schiffsnetz. Und wer seine Kabinen-Telefonnummer nach Deutschland weitergibt, um von dort aus angerufen werden zu können, muss damit rechnen, dass die Reederei Preise für eingehende Telefonate in Höhe von bis zu 2 Euro pro Minute verlangt.
Kreuzfahrt-Urlauber, die nicht zwingend erreichbar sein müssen, sollten also darüber nachdenken, die Zeit an Bord ohne Telefon und Handy zu verbringen und das Handy gegebenenfalls nur bei Landausflügen zu benutzen.
Roaming: Telefonieren und Surfen im Ausland
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